3.1 Hohenzollernstr. 79

   
 


 

 

Geschichten aus meiner Kindheit

Das weiß ich nicht

Einleitung

2. Unser Leben in Oberspitzenbach

Unser Leben in Koblenz

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3.2 Sebastian-Bach-Str. 12

Göttingen

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Im Spätsommer 1950 kamen wir in Koblenz am Rhein, Hohenzollernstr. 79, mit all unseren Sachen an. „Tanne“ hat uns in Empfang genommen und wir zogen in die neue Wohnung ein.
 
Ich möchte an dieser Stelle die Wohnung und die Umgebung kurz beschreiben, einen Eindruck zu vermitteln, wie wir damals - fünf Jahre nach dem Krieg - lebten:
 
Die Wohnung liegt im ersten Stock eines großen Mehrfamilienhauses, das im Krieg durch Bombenangriffen verschont geblieben war. Die Hohenzollernstraße liegt in der sogenannten südlichen Vorstadt von Koblenz, in der Nähe des Hauptbahnhofes. Vor dem Haus fuhr die Straßenbahnlinie 2 der Koblenzer-Elektriziäts-und Verkehrs-Werke-AG (KEVAG).
 
Wenn man die Haustür öffnete, dann stand man in einem kleinen Flur. Rechts befindet sich das Bad und die Toilette. Geradeaus gelangte man in die Küche mit Speisekammer und kleinem Balkon zum Hinterhof. Halblinks befindet sich das Wohn-/ Esszimmer und rechts zur Straße das Schlafzimmer.
 
Eine Wohnung mit zwei Zimmern, Küche und Bad. Darin lebten wir mit sechs Personen:
 
Unsere Mutter, Ute, Jürgen, Tilman und ich und unsere Großtante „Tanne“.
Unsere Mutter und wir Kinder teilten uns das Schlafzimmer - unsere Mutter, Ute und Jürgen das Ehebett und Tilman und ich ein Klappbett - und „Tanne“ hatte eine Couch in der Küche, auf der sie schlief.
 
Natürlich gab es auch einen Keller, in dem wir einen Kellerraum besaßen, um Kohlen und Kartoffeln zu lagern und die Dinge verwahrten, die man in der Wohnung nicht unbedingt brauchte. Der Keller war noch in den Luftschutzfarben gestrichen und hatte jeweils eine Verbindung zum rechten und linken Nachbarhaus, um im Falle eines Bombentreffers von einem zum anderen Haus gelangen zu können.
 
Unsere Großtante hatte in der Nähe des Hauptbahnhofes einen Schrebergarten. Man muss sich das einmal vorstellen: Mitten in der Großstadt von Koblenz, direkt gegenüber vom Hauptbahnhof, zwischen der Hohenzollernstraße und dem Bahnhofsvorplatz, hatten wir einen Garten zur Verfügung!
 
In diesem Garten haben wir natürlich Obst und Gemüse für den täglichen Bedarf angebaut. Das hat die Haushaltskasse spürbar erleichtert.
 
In diesem Garten gab es einen Mirabellenbaum, einen Birnbaum, einen Pfirsichbaum, mehrere Stauden, Stachelbeeren und Johannisbeeren und, was mich persönlich immer fasziniert hat, einen „Maggistrauch“. Was für eine Pflanze das war, „das weiß ich nicht“, es könnte ein Liebstöckel gewesen sein.
 
Umgeben war unser Garten von einem Zaun mit Törchen zum Abschließen, damit keiner an unsere Früchte herankam.
 
Heute gibt es den Garten nicht mehr. Schon Anfang der 50-iger Jahre wurde eine neue Häuserzeile auf der linken Seite der Hohenzollernstraße zum Markenbildchenrondell hin gebaut. Davor entstand eines der ersten Hochhäuser und wiederum davor der „Gummibahnhof“ von Koblenz, ganz in der Nähe des Bahnhofsvorplatzes. Für Nichtkenner heißt „Gummibahnhof“ auch Omnibusbahnhof.
 
Für uns brachen ganz neue Zeiten an. Konnten wir doch nicht einfach die Türe aufmachen, nach draußen gelangen und uns draußen, solange wir mochten, aufhalten. Außerdem mussten wir Rücksicht auf die Nachbarn nehmen, eine Vorstellung, die uns gar nicht gefiel.
 
Auf der Hohenzollernstraße mussten wir auf den Verkehr achten, auch das waren wir nicht gewöhnt. Nicht nur auf die Autos, sondern auch auf die Straßenbahn galt es Acht zu geben.
 
Im Umkreis unserer Wohnung waren noch sehr viele Häuser durch die Kriegseinwirkungen zerstört. Dazu muss man wissen, dass Koblenz während des Krieges zu 63 % zerstört worden ist. Es dauerte bis weit in die 50-iger Jahre, bis alle Kriegsschäden beseitigt waren und man an einen Wiederaufbau denken konnte.
 
Nachdem wir uns in unserer neuen Wohnung eingerichtet hatten, hat unsere Mutter mit uns Koblenz neu entdeckt. Sie kannte ja Koblenz noch aus der Vorkriegszeit und unzerstört! Mit Tilman und mir hat sie lange Spaziergänge unternommen und uns alles gezeigt.
 
Die gesamte Innenstadt lag zum größten Teil noch in Schutt und Asche und man war gerade dabei, den Kriegsschutt zu beseitigen. Die Altstadt um den Florinsmarkt, den Plan, an der Alten Münze (Münzplatz), an der Liebfrauenkirche, am Kastordom und um das Markenbildchenrondell war alles völlig zerstört und uns „grinsten“ nur Ruinen an. Die alten Patrizierhäuser in der Altstadt und das kurfürstliche Schloss mit anschließender Regierung, alles zerstört! Das Deutsche Eck, Wahrzeichen der ersten deutschen Einigung nach 1871, ohne Kaiser-Wilhelm-Denkmal! Das Alte Kaufhaus mit Augenroller, einer Attraktion in Koblenz, die Vier Türme, alles stand nicht mehr bzw. es standen nur noch die Außenmauern! Die Rheinstraße und die Löhrstraße, einst die Einkaufsstraßen von Koblenz, nur Ruinen! Ein Großteil der Kirchen in der Innenstadt zerstört. Der Zentralfriedhof völlig verwüstet; ebenso wie der Friedhof von Ehrenbreitstein. Man konnte in offene Grabkammern schauen, was für uns Kinder interessant, aber auch gruselig war.

Kastorpfaffengasse  Löhrstrasse  zerstörte Stegemannstrasse
Die Zerstörungen in der Kastorpfaffengasse, in der Löhrstraße und Stegemannstraße
 
Nicht viel anders sah es in den Vororten von Koblenz aus. Ehrenbreitstein, Pfaffendorf und Horchheim waren ebenso Opfer der Luftangriffe geworden, wie die Goldgrube, Lützel oder Neuendorf und das Oberwerth. Der Hauptbahnhof war zwar schon wieder in Betrieb, aber die Kriegsschäden waren unübersehbar.
 
Die Schiffbrücke, eine ausfahrbare Pontonbrücke, die Koblenz mit dem Stadtteil Ehrenbreitstein verbunden hatte, gab es nicht mehr, bzw. die Pontonteile waren im Rhein versenkt. 6

zerstörte Stadthalle an der Pfaffendorfer Brücke
Zerstörte Rhein-Mosel-Halle an der Pfaffendorfer Brücke
 
Als wir mit unserer Mutter durch die Altstadt gingen, loderten an einzelnen Orten schon wieder Feuer. Das lag daran, dass Koblenz massiv mit Phosphorbomben angegriffen worden ist. Als der Kriegsschutt dann beseitigt wurde, wurde schweres Räumgerät eingesetzt und die Schaufelbagger gruben sich ihren Weg durch die Schuttberge. Immer dann, wenn sie auf noch nicht verbrannten Phosphor stießen, loderten wieder die Flammen auf.

Alter Kaiser

Die wiederaufgebaute Moselfront beim "Alten Kaiser"

Wohin mit dem ganzen Kriegsschutt? In anderen Städten in Deutschland hat man große Schuttberge aufgetürmt. In München wurde der Schutt auf dem Oberwiesenfeld abgeladen. Heute steht dort das Olympiastadion. In Stuttgart hat man den Schutt zum „Monte Scherbelino“ aufgetürmt. In Koblenz verfüllte man mit dem Kriegsschutt einen Altarm des Rheines: Das Oberwerth war einmal eine Insel vor den Toren von Koblenz. Heute ist es nur noch eine Halbinsel, weil man von dem Königsbach, wo der Altarm des Rheines um das Oberwerth herumfloss, bis zum „Schwanensee“, den Schutt ablud.
 

Alte Stadtmauer am Zentralplatz

Die alte Stadtmauer wurde nach dem Krieg komplett entfernt. Heute ist hier der Zentralplatz.
 
Wir haben also in den ersten Jahren in Koblenz miterlebt, wie alle Kriegsschäden beseitigt wurden und der Wiederaufbau begann. Das war eine interessante Zeit für uns. Trümmergrundstücke gab es auch in unmittelbarer Nähe unseres neuen Zuhauses. Das waren beliebte Spielplätze für die Jugend; aber natürlich strengstens verboten.

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6  2. Quellennachweis, Koblenz, 30 Jahre danach                   ein Bild

Ansicht der Zerstörung                    Ansicht nach Wiederaufbau
Die Zerstörungen und der Wiederaufbau in der Schlossstraße und am kurfürstliichen Schloss
  

Wir erlebten mit, wie in der Südallee die Straße wieder gepflastert wurde. Die Comeniusschule, Ecke Hohenzollernstraße und Ludwigstraße, wurde neu gebaut.

 

Für die französische Besatzungsmacht entstand auf der Horchheimer Höhe und auf der Pfaffendorfer Höhe die „Citè“, eine in sich abgeschlossene „Neustadt“. In der Hohenzollernstraße und in der Mainzer Straße entstanden neue Wohnhäuser für die Franzosen und das Stabsgebäude der französischen Rheinarmee, am ehemaligen Mainzer Tor. Auf dem Friedrich-Ebert-Ring wurde das „College Marceau“ gebaut, eine französische Schule mit Internat.

 

Das kurfürstliche Schloss wurde restauriert und die Regierung des Regierungsbezirkes Koblenz neu errichtet. Die Josefs-Kirche in der Vorstadt wurde restauriert, sie hatte einen Bombentreffer in die Apsis erhalten.

 

Es gab so viel neu zu bauen bzw. zu restaurieren, dass ich nur wenige Dinge, die mir aber wichtig erschienen, erwähnt habe um kurz darzustellen, wie schlimm es in Koblenz aussah, als wir dorthin kamen.

 

Wir lebten uns schnell in unserer neuen Umgebung ein. Dazu trug auch bei, dass Hanna mit ihren Kindern ganz in der Nähe wohnte. Von der Hohenzollernstraße zur Kurfürstenstraße waren es nur wenige 100 Meter und Hendrik war wieder unser Spielkamerad!

 


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