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Geschichten aus meiner Kindheit

Das weiß ich nicht

Einleitung

2. Unser Leben in Oberspitzenbach

Unser Leben in Koblenz

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Göttingen

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Episode 29
1954 wurde Deutschland zum ersten Mal Fußballweltmeister in Basel. Das weiß jeder. Die Übertragungen wurden im Radio, Fernsehen und der Wochenschau im Kino angeboten. Wer hatte damals schon Fernsehen!? Das Endspiel wurde in den Wochenschauen im Kino angeboten. Wer konnte sich damals aber schon das Kino leisten? Wir jedenfalls nicht. Also haben wir zusammen mit Jürgen die Übertragungen im Radio angehört und waren begeistert, als Deutschland Weltmeister wurde.
 
Dieses Ereignis hat Jürgen sogar bis in den Schlaf verfolgt. Im Traum hat er immer wieder gepfiffen und „Toooor“ gerufen. Dies hat uns mehrere schlaflose Nächte bereitet, bis Jürgen dieses Spiel verarbeitet hatte. 9
 
Episode 30
Unsere Mutter war keine besonders gute Näherin. Das Geld war knapp und für vier Kinder konnten nicht immer die neuesten und besten Bekleidungsstücke gekauft werden. Also hatten wir unsere „Hausnäherin“, Frau Ahlfeld aus der Sachsenstraße, ganz in der Nähe unserer Wohnung. Frau Ahlfeld war für uns Kinder schon eine alte Frau und sie roch auch so. Ich weiß, ich weiß, das ist nicht sehr nett, war aber so. Wir wussten genau, wann Frau Ahlfeld bei uns war, um wieder irgendwelche Sachen zu flicken oder neu zu nähen. Man roch es schon, wenn man zu Tür hereinkam!
 
Wenn Frau Ahlfeld zu uns kam, dann machte unsere Mutter gerne eingelegte Heringe, weil Frau Ahlfeld gerne Fisch aß. Wir kauften zusammen mit unser Mutter bei Kadenbach in der Rheinstraße, einem schönen Fischladen ein. Damals gab es bei uns viel Fisch, in jeder Form, gebraten, gekocht und gedünstet oder eben eingelegte Heringe. War ja damals ein „Arme-Leute-Essen“. Eingelegte Heringe konnte unsere Mutter sehr gut zubereiten; da läuft mir noch heute das „Wasser im Mund“ zusammen, wenn ich daran denke. Unser Bruder Jürgen mag heute noch keine eingelegte Heringen, weil er diese immer mit Frau Ahlfeld und ihrem Geruch in Verbindung bringt. Ich bin auch nicht mehr so ein begeisterter Fischesser, mit wenigen Ausnahmen.
 
Frau Ahlfeld war eine tolle Näherin, die ihre Kunst verstand. Sie hat aus den ältesten Sachen noch fast neuwertige Kleidungsstücke erstellen können, die uns immer wieder erstaunten. So wurden aus alten Militärmänteln oder Jacken unseres Vaters für uns Mäntel und Blousons genäht. Die sahen sogar gut aus und wir waren stolz auf unsere neue, alte Bekleidung.
 
Am „Weißen Sonntag“, dem 07.April 1955, sollte der Tag unserer „ersten hl. Kommunion“ stattfinden.
 
Dazu war es notwendig, dass wir neu eingekleidet werden mussten. Dafür hatte aber unsere Mutter nicht das nötige Geld. Zwei neue Kommunionanzüge, die nur einmal getragen werden, konnten wir uns nicht erlauben! Was war also zu tun? Ich habe bereits weiter oben erwähnt, dass unsere Mutter eine praktisch veranlagte Frau war. Auch hier wusste sie sich zu helfen. Sie hatte noch aus dem Fundus unseres Vaters hellgrauen Tuchstoff, den sich unser Vater in besseren Zeiten einmal zugelegt hatte, um sich daraus eine Uniformjacke für den Sommer schneidern zu lassen. Dazu ist es jedoch nicht mehr gekommen. Der Stoff war vorhanden, wurde gut aufbewahrt und kam jetzt zu „Ehren“. Dieser Stoff wurde Frau Ahlfeld gezeigt und sie sagte zu, daraus für uns etwas zu machen. Es wurde an uns Maß genommen und die Zeichnungen für die Kommunionanzüge erstellt. Es wurde gemessen, probiert und wieder geändert.
 
Das Ergebnis waren zwei ganz schicke graue Kommunionanzüge, mit denen wir Aufsehen erregten. Erstens weil es im Rheinland üblich war, dass Jungen einen blauen Kommunionanzug trugen und zweitens, weil das Oberteil des Anzuges ein sogenanntes „Affenjäckchen“ war: ein Jackenoberteil mit spitzem Auslauf aus dem Kragen vorne und hinten endend kurz über der Hose. Waren wir stolz auf diesen Anzug!
 
Welche Überredungskunst es aber unsere Mutter kostete, Herrn Pastor Malburg davon zu überzeugen, dass wir mit genau den Anzügen zur Kommunion gehen durften, das kann nur unsere Schwester erzählen, die dabei war, als der Pastor sich zuerst weigerte, dem zuzustimmen. 
 
Bevor aber die Kommunion kam, mussten wir den Kommunionunterricht über uns ergehen lassen. Pastor Malburg von der St. Josefs-Kirche hat diesen Unterricht gehalten. Er war für uns schon damals ein alter Pfarrer. Aber Kindern erscheint jeder, der über 30 Jahre ist, als uralter Mensch. Pastor Malburg hielt noch Gottesdienste, da waren wir Zwillinge schon verheiratet und das war nach 1970!
 
Es galt die Bibel zu lernen, den Katechismus, Lieder aus dem Gesangbuch zu können und was sonst noch so alles zum Kommunionunterricht gehört. Das haben wir gerne gemacht, weil Pastor Malburg es verstand, uns alle Dinge so beizubringen, dass wir das Ganze spielerisch erlebt und gelernt haben.
 
Die erste Hl. Kommunion war für uns ein ganz besonderes Erlebnis. Die ganze Familie war zu diesem Ereignis zusammen gekommen und aus Oberspitzenbach kamen Frau Reich und Franzsepp! Welch eine Freude für uns. Frau Reich auch noch in ihrer Schwarzwälder Tracht! Sie war die Attraktion in Koblenz. So etwas hatten die Menschen in der Vorstadt noch nicht gesehen. Es war eine schöne und würdige Feier, die Tilman und mir immer in Erinnerung bleiben wird. 10
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10 Siehe Bild 9 in der Bildergalerie                 ein Bild

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