XIV

   
 


 

 

Geschichten aus meiner Kindheit

Das weiß ich nicht

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Unser Leben in Koblenz

3.2 Sebastian-Bach-Str. 12

Göttingen

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 Episode XIV
Im Frühjahr 1950 reifte dann der Plan, dass auch wir nach Koblenz übersiedeln würden. Unsere Großtante „Tanne“ (Margarete Schulze), Schwester unserer Großmutter Hedwig Cremer, war bei der Bezirksregierung von Koblenz angestellt und hatte in der Hohenzollernstraße 79 eine Wohnung vom Beamtenwohnungsverein zugewiesen bekommen. Sie sagte auch immer wieder zu unserer Mutter, dass wir von Oberspitzenbach wegziehen sollten, da wir Kinder dort auf Dauer keine richtige Chance hätten. Ein Zuzug in eine andere Stadt war nach dem Krieg nur möglich, wenn ein Verwandter bürgte und auch eine Wohnung nachweisen konnte, da noch nicht alle Kriegsschäden beseitigt waren.
 
Also begann unsere Mutter mit den Vorbereitungen für den Umzug. Es wurde wieder einmal gepackt und die Möbelspedition Erben aus Koblenz beauftragt, den Umzug durchzuführen. 4
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4 Siehe Bild 4 aus der Bildergalerie                ein Bild
 
Das war 1950 noch kein einfaches Unternehmen, da Deutschland in vier Zonen eingeteilt war und der Südwesten Deutschlands zur französischen Zone zählte. Es gab nur ein kurzes Stück entlang des Rheines, bei Karlsruhe, das nicht den Franzosen, sondern den Amerikanern unterstand. Dies lag daran, dass das jetzige Bundesland Baden-Württemberg damals in drei Länder aufgeteilt war: Baden = französische Zone, Württemberg-Hohenzollern = französische Zone und Württemberg = amerikanische Zone mit direktem Zugang zum Rhein, über die Autobahn Stuttgart – Karlsruhe. 5  Um diesen Sektor zu passieren, musste eine Genehmigung von beiden Besatzungsmächten eingeholt werden. Diese wurde auch erteilt.
 
Unsere Mutter teilte der Firma Erben mit, dass der Umzugswagen mit Hänger nicht bis vor das alte Pfarrhaus fahren kann, da der Weg zu schmal und zu steil sei und der Lastzug an der Lochmühle stehen bleiben müssten. Bis dorthin sollte unsere gesamte Habe mit dem Pferdefuhrwerk von Reichs gefahren werden. Aber entweder hat das bei der Firma Erben niemand mitbekommen oder aber bewusst ignoriert. Jedenfalls, am Tage des Umzugs stand der gesamte Umzugslastwagen mit Hänger vor dem Pfarrhaus in Oberspitzenbach. Unsere Mutter war zwar nicht begeistert, aber, wenn er schon da war, dann ging das Einladen einfacher und problemloser. Umzugswagen und Hänger wurden beladen und dann war es soweit, dass wir Abschied aus Oberspitzenbach nehmen mussten.
 
Hier muss ich wieder einen kleinen Einschub machen. Unser Vater hatte aus dem Krieg mehrere Säbel mitgebracht. Es handelte sich ausschließlich Offizierssäbel oder Degen. Sehr schöne Stücke. Nach dem Krieg waren Waffen aller Art durch die Besatzungsmächte verboten. Wohin also mit diesen Säbeln und Degen? Wir konnten sie ja nicht mit nach Koblenz nehmen. Wenn wir unterwegs durchsucht worden wären und diese Stücke wären gefunden worden, wäre unsere Mutter unter Umständen noch bestraft worden. Also haben wir diese Säbel und Degen auf der Tenne unseres „Getti`s“, Adolf Lupfer, Patenonkel von Tilman und mir und Wirt des „Gasthaus zum Hirschen“, im Heu versteckt. In den späteren Jahren, in denen wir im Urlaub immer wieder nach Oberspitzenbach zurückgekommen sind, haben wir diese Degen und Säbel immer wieder hervorgeholt und sie uns angesehen. Wir hatten auch vor, diese Erinnerungsstücke an unseren Vater irgendwann mit nach Koblenz zu nehmen. Dazu ist es aber leider nicht mehr gekommen. Als wir Säbel und Degen mitnehmen wollten, weil die Zeit es jetzt zuließ, waren diese nicht mehr auffindbar! Es muss wohl einen „Liebhaber“ gegeben haben, der uns zuvorgekommen war und diese sich widerrechtlich angeeignet hatte.
Für uns Kinder war der Abschied aus Oberspitzenbach nicht so schwer, da uns ja Neues und Aufregendes erwartete.
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5 1. Quellenangabe: Südwestdeutschland, Stunde Null, Thies /van Daak, 1979, Droste Verlag                                                          ein Bild
 
Weit kamen wir nicht! Schon kurz nach der Abfahrt, in einer engen Kurve, ca. 200 m vor der Lochmühle, kam der Hänger auf der schmalen Straße von der Fahrbahn ab und rutsche zusammen mit uns den Steilabhang zum Spitzenbach hinunter. Der Hänger hatte eine sogenannte Umzugskabine, in der die Familie sitzen und mit dem gesamten Umzugsgut mitfahren konnte. Nur die Zugmaschine verhinderte, dass der Anhänger umfiel und samt uns und unserer Habe in den Spitzenbach fiel. Die Aufregung war entsprechend groß. Wir wurden „geborgen“, mussten zurück ins Pfarrhaus und auf den Abschleppwagen aus Elzach oder Freiburg warten, der den Hänger wieder auf die Straße heben sollte.
An die weiteren Einzelheiten der Bergung kann ich mich nicht erinnern. Ein oder zwei Tage hat es schon gedauert, bis wir dann endlich unsere Fahrt nach Koblenz fortsetzen konnten.
 
Damit geht unser Leben in Oberspitzenbach zu Ende und in Koblenz weiter.
 
Bevor ich aber mit dem 3. Teil meiner Erinnerungen in Koblenz, Hohenzollernstraße 79, komme, möchte ich noch einmal zurück nach Oberspitzenbach und dem geneigten Leser unseren Wohnort in Gänze nahe bringen, damit man einen Eindruck gewinnt, wo wir aufwuchsen:
 
Wenn man von Oberwinden im Elztal nach Oberspitzenbach gelangen will, dann muss man über Unterspitzenbach gehen oder fahren. Das Tal des Spitzenbaches ist zuerst ein weites, von den Schwarzwaldhängen eingesäumtes Tal, verengt sich dann immer weiter und steigt von Oberwinden nach Unterspitzenbach bis zur Lochmühle nur sanft an. Links, bzw. rechts von der Straße fließt der Spitzenbach. Ab der Lochmühle, die sehr dunkel am Spitzenbach liegt und für uns immer ein Geheimnis war und blieb, steigt die Straße steil und kurvenreich an. Danach weitet sich das Tal wieder und man sieht auf die „Sommerseite“ von Oberspitzenbach mit einzelnen Gehöften und dem Friedhof.
 
Links stand der Doppelhof von Lupfer und Nopper. Heute steht dieser Hof nicht mehr, weil er ebenfalls abgebrannt ist. Wenn man der Straße weiter folgt, kommt auf der rechten Seite eine kleine Marienkapelle, die der Familie Reich gehört. Kurz danach folgt ebenfalls auf der rechten Seite das alte Schulhaus, damals nicht bewohnt und nur als Stall genutzt. Weiter geht es zum alten Pfarrhaus. Dieses liegt schon auf dem „oberen Dorfplatz“, den es zwar nicht gibt, den ich aber so nennen möchte, weil dies der eigentliche „Ortskern“ ist. Links am Hang steht das „Gasthaus zum Hirschen“. Von dort blickt man auf die Viehweide von Reichs und auf die Furt vom Spitzenbach. Gegenüber vom alten Pfarrhaus schauen wir auf die Kirche St. Barbara, das Kriegerdenkmal und das neue Schulhaus:
 
Übrigens hatte Oberspitzenbach damals die einzige noch existierende Hirtenschule in Deutschland, d.h. im Sommer zur Erntezeit und im Herbst, zur Kartoffellese hatten die Kinder keine Schule. Im Winter wurde dann ganztags Schule gehalten. Lehrer war zu dieser Zeit Herr Schatz, rote Haare und noch von alter „Schule“. Alle Kinder gingen in eine Klasse: Von der ersten bis zur achten Klasse saßen alle Kinder in einem Klassenraum und wurden nur von Herrn Lehrer Schatz unterrichtet. Die Erziehungsmethoden entsprachen in keiner Weise den heutigen Anforderungen! Wer unruhig oder laut war oder nicht aufpasste, musste nach vorne kommen und es gab mit dem Rohrstock einen oder mehrere Schläge auf die Fingerkuppen. Oder man musste vor die Tür, Klinke die ganze Zeit nach unten gedrückt, damit Lehrer Schatz sah, dass man noch da war. Diese Erziehungsmethoden mussten unsere Schwester Ute und unser Bruder Jürgen über sich ergehen lassen. Aber auch Tilman und ich hatten in den 50-iger Jahren das „Vergnügen“ mit Lehrer Schatz. Dazu an anderer Stelle mehr.
 
 Folgt man der Straße am Pfarrhaus und Holzschuppen vorbei weiter nach rechts, dann kommt das alte Backhaus mit Brennerei und die Straße endet praktisch im Oberrauchehof. Allerdings geht noch ein weiterer Feldweg rechts am Oberrauchehof vorbei zum sogenannten „Schloss“, von dort gelangt man zum „langen Grund“. Hier endet dann auch dieser Feldweg.
 
Wenn man am „Gasthaus zum Hirschen“ geradeaus weitergeht, gelangt man zur „Winterseite“ mit den Höfen vom „Schillbauer“, „Tebissers“ und „Schuhmachers.“ Bevor man den Spitzenbach überquert, liegt auf der rechten Seite noch die alte Mühle, die ebenfalls zu Reichs Anwesen gehört und die damals schon nicht mehr genutzt wurde. Für uns Kinder ein schöner, aber verbotener Spielplatz, weil das Wasserrad immer noch in Betrieb gesetzt werden konnte. Fährt man dann noch über die Winterseite weiter, gelangt man in das Siegelauer Tal und von dort nach Siegelau und Gutach und damit wieder ins Elztal.
 

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