2. Unser Leben in Oberspitzenbach

   
 


 

 

Geschichten aus meiner Kindheit

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Unser Leben in Koblenz

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Göttingen

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Am 14. August 1945 wurden wir in der Gemeindeverwaltung von Siegelau auf den Namen „Tillmann“ und Thomas Boehlkau in das Geburtsregister unter der Nummer 5. und 6./1945 eingetragen. Dieses besorgten unsere Schwester Ute und unsere Großmutter bei der Gemeindeverwaltung. Es war dies auch die einzige und größere „Wanderung“ unserer Großmutter in ihrer Zeit in Oberspitzenbach, so die Aussage unserer Schwester. Am 26. August 1945 wurden wir in der Filialkirche St. Barbara in Oberspitzenbach von Herrn Hochwürden, Pfarrer Dekan Seiler, katholisch getauft.
 
Taufpaten waren Adolf Lupfer, Gastwirt des „Gasthaus zum Hirschen“, Messner und Bauer in Oberspitzenbach und Hanna (Johanna) Schlesing, Schwester unserer Mutter.
 
Nach Aussage unserer Schwester Ute durften Jürgen und sie je einen Zwilling „adoptieren“. Ute wählte Tilman und Jürgen wählte mich. Seltsam ist das schon, denn in den späteren Jahren stellte sich heraus, dass Tilman in etwa die Handschrift von Ute und ich in etwa die Handschrift von Jürgen habe.

ein Bild
Blick von der Winterseite in Oberspitzenbach nach Siegelau
 
Außerdem erzählt unsere Schwester immer wieder, dass sie uns am liebsten „erwürgt, gevierteilt und umgebracht“ hätte, wenn sie denn gedurft hätte.
 
Warum:
ganz einfach, wir bekamen in der schlechten Zeit immer das beste Essen und die größten Portionen, musste doch aus uns was werden, wenn wir denn am Leben bleiben wollten. Aber auch sie kam nicht zu kurz! Wenn Ute den Auftrag hatte, uns zu füttern, und bei zwei so starken Essern wie uns war das schon schwierig, dann fiel bei den Breichen, die wir bekamen, „ein Löffelchen für Tilman, ein Löffelchen für Thomas und ein Löffelchen für Ute“ ab. Ich denke, dass Jürgen bei dieser Aktion nicht zu kurz gekommen ist. Nur unsere Mutter hat sich anschließend gewundert, warum wir nach kurzer Zeit schon wieder geschrieen haben, obwohl unsere „Fütterungszeit“ noch gar nicht an der Reihe war.
 
Dass der Vorname meines Bruders Tilman damals falsch eingetragen worden ist, ist zu diesem Zeitpunkt niemandem aufgefallen. Warum auch? Man freute sich über die neuen Erdenbürger und dachte bestimmt nicht daran, dass
„T i l l m a n n“ kein Vorname, sondern ein gebräuchlicher rheinischer Nachname ist. Richtig heißt es aber:
„T i l m a n“, eben nach dem berühmten Tilman Riemenschneider.
 
1967 wurde durch eine Namensänderung meines Bruders, mit Genehmigung des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, dieser „Fehler“ behoben oder „geheilt“.
 
Die ersten Jahre unseres Lebens verliefen, so glaube ich, wie in jeder anderen Familie der Nachkriegszeit auch, nicht sehr einfach. Waren sie doch geprägt von dem täglichen Kampf um das Überleben und in unserem speziellen Fall von der Sorge um unseren Vater. Unser Vater hat in Folge einer Kriegsverletzung, die er nicht richtig ausgeheilt hatte, ein Krebsleiden, das ihm sehr zusetzte. Nachdem unser Vater erfolgreich die „Entnazifizierung“ durchlaufen hatte, wurde er wieder in den Polizeidienst eingestellt, allerdings hat er diesen Dienst nicht mehr lange versehen können, da seine Krankheit an ihm zehrte. Vorher hatte aber unsere Mutter schon den Tod ihrer Mutter, unserer Großmutter Hedwig Cremer zu beklagen, die am 03.06.1947 in der „Schwarzwaldklinik“ im Glottertal verstarb und auf dem Friedhof von Oberspitzenbach beigesetzt worden ist. 2
 
Trotz verschiedener Kuren und Klinikaufenthalten verstarb unser Vater am 23.01.1948 in Oberspitzenbach, sechs Tage vor dem achten Geburtstag unseres Bruders Jürgen und wurde auf dem Friedhof von Oberspitzenbach, nur 39 Jahre alt, beigesetzt. 
 
Hier setzt, so glaube ich, mein erstes Erinnerungsvermögen ein. Wir durften bei der Beerdigung unseres Vaters nicht mit dabei sein. Mina Nopper, die damalige Freundin von Franzsepp (Franz Josef) Reich und seine spätere Frau, sollte auf uns aufpassen. Das hat sie auch getan.
 
Meine Erinnerung sagt mir, dass wir, Tilman und ich, mit ihr an der Koppel vom „Roßhof“ standen, von wo man einen herrlichen Blick über Oberspitzenbach und auf den Friedhof hat, der auf der anderen Seite des kleinen Taleinschnittes, auf der „Sommerseite“, liegt. Ich weiß noch, wie sich der Trauerzug zum Friedhof bewegte und wir diesem Zug nachgesehen haben. Diese Erinnerung wird auch durch meine Geschwister bestätigt.
 
Die schwere Zeit, die unsere Mutter anschließend durchgemacht hat, haben wir nicht mitbekommen, dafür waren wir noch zu klein. Wir verlebten eine völlig unbeschwerte, schöne und erlebnisreiche Jugend im Kreise unserer Geschwister, Cousinen und Cousin und den Kindern der Familie Nitschke.
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2 Siehe Bild 2 aus der Bildergalerie                ein Bild

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